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16. Nov  2016 /angepasst am 03.12.2016

Kommentar
zur Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Ruhrverband
Rat entscheidet am 24. Nov. 2016

Die UWG will mit nachfolgenden Informationen versuchen zu erläutern, warum es für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schmallenberg der schlechtere Weg ist, die Abwasserbeseitigungspflicht in andere Hände zu geben.

Zur Vorgeschichte:

Schon bei der Auflösung der Stadtwerke Schmallenberg im Jahre 2015 hat die UWG auf einen möglichen Verkauf hingewiesen: "Ein möglicher Verkauf des Leitungsnetzes der Stadt wird in der Vorlage unter Pkt. 6 skizziert. Hier müssen wir als UWG-Fraktion aufpassen, dass keine falsche Entscheidung getroffen wird, wenn es soweit ist. In Schmallenberg hat man dies eigentlich nicht nötig, denn der Kernhaushalt ist schuldenfrei. Verkauft man das Kanalnetz, so begibt man sich unter Umständen in eine starke Abhängigkeit.
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Nun gerade ist es soweit, die Stadträte sollen sich für die

Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Ruhrverband entscheiden.
Die UWG hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt und hat große Bedenken. Im Rat am 24. Nov. soll bereits der Verkaufsdeal perfekt gemacht werden. Hier wird ohne Not (Haushalt der Stadt ist ausgeglichen), und ohne ausführliche Diskussion in der Öffentlichkeit das Kanalnetz aus der Hand gegeben. Selbst der Deutsche Städtebund spricht sich gegen eine Abgabe des Kanalnetzes aus. Man erhält als Gegenwert viel Geld (ca. 20 Mio. Euro), das man nicht direkt investieren kann und zur Zeit bei Anlage mit Strafzinsen belegt werden würde. Ein altbewährter Spruch sagt es auch aus: GELD VERGEHT, HEKTAR BESTEHT. Der Rückkauf des Netzes nach 20 Jahren ist wohl vertraglich vereinbart, scheint aber kaum möglich, da das techn. Know how nicht mehr vorhanden wäre. Ein Einfluss auf die Gebühren wird über diese Laufzeit auch nicht mehr in dieser Intensität wie bisher möglich sein. Natürlich können auch Gründe angesprochen werden, die für die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht sprechen, z. B. hat die Stadt dann auch keine Verantwortung mehr für das Kanalnetz.

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Wir haben das "Für und Wider" in einem Diskussionspapier zusammen gestellt:

Aufstellung von Argumenten für oder gegen die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht (erarbeitet von der UWG-Fraktion, Stand 16.11.2016)

Argumente dafür:  

• Die Stadt überträgt die volle Verantwortung für die Abwasserbeseitigungspflicht auf den RV (Ruhrverband). Damit gehen alle Pflichten und Risiken einschl. Haftungsrisiken auf den RV über.

• durch die Zusammenführung der Bereiche Abwasserklärung und Inhaberschaft Kanalnetz werden die Steuerung und der Betrieb des gesamten Systems erleichtert. Die Betriebsführung des Kanalnetzes wurde bereits 2012 auf den RV übertragen.

 • die rechtlichen Anforderungen  und damit die Risiken und die Haftung der Stadt steigen stetig. Eine Übertragung kann deshalb Sinn machen.

• der Personaleinsatz ist  wirtschaftlicher, da alle Funktionen des Personalbereichs beim RV ohnehin vorhanden sind. Vertretungen, Arbeitssicherheitsbelange, Bereitschaftsdienste, Aus-. und Fortbildung etc. lassen sich leichter und kostengünstiger darstellen. Für den RV entstehen erhebliche Synergieeffekte.

• die Aufgaben der Stadt im Bereich Abwasserentsorgung werden nicht vollständig outgesourct. Die Gebührenkalkulation und -abrechnung sowie einige Nebenfunktionen (u.a. Beratung der Bürger in Pkt. Dichtigkeitsprüfung, Entsorgung privater Kläranlagen) bleiben bei der Stadt.

 • die Berechnungsgrundlagen für die dem RV entstehenden Kosten werden für die Dauer des Vertrags über 20 Jahre verbindlich festgelegt. Der RV wird künftig einen Sonderbeitrag an die Stadt berechnen, der dann in die Gebühren einfließt.

• zumindest für die nächsten 5 Jahre wird Gebührenstabilität garantiert.

• künftig wird es für Kanalneuanschlüsse keine Kanalanschlussgebühren mehr geben; die Kosten werden über eine höhere Abwassergebühr (betreffend nur die Neuanschlussnehmer) gestreckt. Vorteilhaft für Bürger mit Neuanschlüssen.

• der RV übernimmt das Kanalnetz für ca. 21 Mio. € vertraglich zunächst für 20 Jahre. Damit steht der Stadt das im Kanalnetz gebundene Vermögen für andere Zwecke zur Verfügung.

• eine Rückkaufoption nach 20 Jahren wird vertraglich vereinbart. Die Stadt kann damit später wieder Eigentümer des Kanalnetzes werden.

• eine Weiterveräußerung des Kanalnetzes (z.B. an externe Investoren) durch den RV ist vertraglich ausgeschlossen.

 • der RV verpflichtet sich zur engen Zusammenarbeit mit der Stadt.  

 • die Investitionsplanung obliegt weiter der Stadt über das städtische Abwasserbeseitigungskonzept. Darüber entscheidet der Stadtrat. Für den RV dürfte diese von Dritten begründete Verpflichtung kein Nachteil sein, weil die Investitionskosten ohnehin über die Abschreibungen und Zinsen umgelegt werden.  • die Verwaltung sieht in der Übertragung des Abwassernetzes einen Vorteil durch die „Pilotfunktion“, weil es die erste Übertragung nach Änderung des LWG (Landeswassergesetz) wäre. In der Beteiligung der Bezirksregierung und auch des Umweltministeriums sieht sie eine gewisse Garantie dafür, dass die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Ruhrverband fair und für beide Seiten vorteilhaft gestaltet werden. Ob die Übertragung später noch zu den gleichen (vorteilhaften) Bedingungen möglich ist, wird von der Verwaltung bezweifelt.

 

 

Gegenargumente:

• die Anwälte Wolter/Hoppenberg beraten sowohl die Stadt als auch den RV; sie vertreten damit nicht explizit die Interessen der Stadt. Wer vertritt sie dann?

• Kommunen sollten nicht ihre erbeigensten Aufgaben zur Daseinsvorsorge abgeben. Das Kanalnetz gehört in die Verantwortung der Gemeinde und sollte kein Objekt der Gewinnoptimierung werden. Der Einfluss der Gemeinden auf die Verbandsentscheidungen dürfte gering sein, weil die Gemeinden nur ca. 11 % der Verbandsmitglieder stellen.

• warum muss diese komplizierte Materie noch in diesem Jahr durch den HFA und den Rat gehen; warum lassen wir uns nicht bis zum 1. Quartal 2017 Zeit damit? Gibt es für diese Eile Gründe? Der Haushaltsplan 2017 muss bei einer positiven Entscheidung für den Verkauf des Netzes ohnehin geändert werden. Dabei dürfte es nicht entscheidend sein, ob das noch in diesem Jahr oder Anfang des kommenden Jahres erfolgt.

• es ist nicht erkennbar, warum die Verantwortung für das Kanalnetz in den vergangenen Jahren durch die Stadt getragen werden konnte und jetzt nicht mehr.

 • nach der aktuellen und für die nächsten Jahre voraussehbaren (s. Haushaltsplan 2017) Haushaltslage der Stadt ist sie nicht auf den Verkaufserlös angewiesen. Es entsteht ein Geldanlageproblem, weil die Anlage einer solchen Summe eher Geld kostet als Zinsen bringt. Also wird man das Geld möglicherweise für mehr oder weniger fragwürdige Projekte ausgeben. Der Druck, jede Investition sorgfältig abzuwägen, wird abgeschwächt.

• es  könnte sein, dass der Gesetzgeber das LWG ( § 52 ) nur deshalb geändert hat, weil er die Finanznot der meisten Gemeinden kennt und über diesen Weg den Gemeinden ohne Belastung des eigenen Haushalts (Schuldengrenze) dringend benötigte Liquidität verschaffen will. Möglicherweise plant man im weiteren Verlauf ähnlich wie aktuell bei den Autobahnen die Beteiligung von privaten Investoren. Diese wollen dann Rendite sehen, was ein ungünstiges Licht auf die künftige Gebührensituation wirft.  
Anmerkung: Das Kanalnetz soll nicht vom Ruhrverband selbst, sondern von einer 100%igen Tochtergesellschaft (Ruhrverband Holding GmbH) übernommen werden.

 • dass bald keine qualifizierten Mitarbeiter mehr bei der Stadt vorhanden sind, ist eine Zweckbehauptung. Die Dienstleistungen (Betreiben des Kanalnetzes/Gestellung der Mitarbeiter)werden bereits seit 2012 vom RV erbracht.  

• Für den RV entstehen erhebliche Synergien - und für die Stadt? Die Stadt wird durch die Synergieeffekte des RV nicht direkt finanziell entlastet.

• die Rückkaufoption nach 20 Jahren gilt nur theoretisch. Faktisch wird es nicht dazu kommen, weil das eigene Know-how in der Zwischenzeit verloren geht. Der Verkaufserlös ist bis dahin vermutlich längst für andere Zwecke ausgegeben worden und die Rückzahlungssumme liegt wahrscheinlich erheblich über dem jetzigen Verkaufserlös. Dies liegt daran, dass die Gebührenzahler nur mit den regulären Abschreibungen vom Anschaffungswert belastet werden, nicht vom Wiederbeschaffungswert. Dadurch entsteht über die Jahre eine erhebliche Finanzierungslücke, die bislang über steigende Kredite der Stadt bzw. Haushaltszuschüsse finanziert wird.

• die Gebührenstabilität wird nur für 5 Jahre garantiert. Was ist danach? Die Risiken für die Gebührenentwicklung sind für Stadt nicht mehr kalkulierbar.  

 • wenn es wirklich zum Verkauf des Kanalnetzes kommt, sollte vorher zwischen den im Rat vertretenen Parteien ein Konsens über die Verwendungsziele für das Geld vereinbart werden.

 • es gibt viele Beispiele dafür, dass die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben später teurer geworden ist, vor allem dann, wenn kein Wettbewerb möglich ist.  • bei einer so weitreichenden Entscheidung wäre es besser, sich Zeit zu lassen, vorher eine breit angelegte Diskussion zu starten und die Bürger umfassend zu informieren.

 • Stimmen im Städte -und Gemeindebund lehnen den Verkauf des Kanalnetzes ab-

Schmallenberg, 16.11.2016

gez. UWG-Fraktionsvorsitzender Stefan Wiese

 

Das Diskussionspapier als PDF-Datei...

 


Angaben ohne Gewähr, UWG Schmallenberg, 16.11.2016